Selbstverständnis online!

Uns, den Organisator*innen des Antifa Camps Weimar / Buchenwald 2017, ist es wichtig, ein grundlegendes Selbstverständnis zu verfassen, um für alle Beteiligten und Interessierten transparent zu machen, wie wir uns das Camp vorstellen. Dies beinhaltet die grundlegenden Prinzipien unseres gemeinsamen Miteinanders und Agierens.

Wir, die am Antifa Camp Weimar / Buchenwald 2017 beteiligten Antifaschist*innen, verfolgen das Ziel einer kritischen und reflektierten linksradikalen Gedenkpolitik. Natürlich muss der Begriff der “Gedenkpolitik” einer spezifischen Betrachtung unterzogen werden. Als bewusst undogmatischer Teil der linksradikalen Bewegung verfolgen wir keinen Alleinvertretungsanspruch auf die Deutung und Bewertung der Geschichte nationalsozialistischen Terrors sowie des Widerstands dagegen. Jedoch wollen wir eine offene Auseinandersetzung aus linker emanzipatorischer Perspektive zum Thema anstoßen. Buchenwald ist nicht nur eine Geschichte des nationalsozialistischen Terrors, der Repression, der Vernichtung und des Versuchs, den inhaftierten Menschen ihre Menschlichkeit abzuerkennen – dieser Ort besitzt auch eine Geschichte des Widerstands. Eines Widerstands für das Leben, für eine Gesellschaft, in der derartige Verbrechen nicht mehr möglich sind. Ein wichtiger Fokus besteht folglich auch darin, einer Instrumentalisierung des Gedenkens an die Opfer des Faschismus entgegenzutreten und das Überleben des faschistischen Geistes in unserer Gesellschaft kenntlich zu machen.

Wir werden uns mit der Frage auseinandersetzen: Was haben die Kämpfe der Vergangenheit mit uns zu tun? “Für die Erinnerung (zu) kämpfen” bedeutet in unserer Perspektive, einen Bezug zwischen der Geschichte antifaschistischer Bewegung, ihrer Kämpfe, Entwicklung, Niederlagen, der Repression wie des Widerstands auf unsere Gegenwart zu beziehen. Es gilt das “Nie Wieder!” der Überlebenden mit Leben zu füllen.

Die Campwoche soll Raum und Zeit schaffen, damit sich die Teilnehmenden selbstorganisiert mit der Entwicklung von Perspektiven zu Fragen wie „Was bedeutet dieses “Nie wieder!” für uns?“, “Was macht es mit unserer Praxis?” beschäftigen können. Dies schließt sowohl eine Reflexion auf einer theoretischen sowie praxisbezogenen Ebene ein, als auch eine persönliche Auseinandersetzung mit der Thematik. Da der gesamte Themenkomplex von nationalsozialistischer Diktatur, Vernichtung und Repression über antifaschistischen Widerstand bis hin zu Kontinuitäten in der heutigen Gesellschaft kaum in einer Woche abschließend erarbeitet werden kann, soll das Camp weiterhin eine Möglichkeit sein, sich mit Interessierten zu vernetzen, um eine längerfristige Auseinandersetzung anzustreben.

Das Camp soll solidarisch und soweit wie möglich hierarchiefrei arbeiten – sowohl in der Vorbereitung als auch in der konkreten Durchführung. Das bedeutet im Einzelnen: Der Kreis der Vorbereitenden ist jederzeit offen für Menschen, die sich einbringen möchten. Auch während der Campwoche kann sich jede*r gleichberechtigt überall beteiligen. Alle Entscheidungen werden von allen gemeinsam im Plenum getroffen.

Uns ist es wichtig, mit diesem Antifa Camp 2017 einen Neustart in der Reihe der bisher stattgefundenen Antifa Camps Weimar / Buchenwald zu markieren. “Neustart” bedeutet für uns, einigen Ballast aus der Vergangenheit abzuwerfen, dogmatische Orientierungen wie festgefahrene Hierarchien gezielt anzugehen, um eine Neuorientierung sowohl im Inhalt als auch der Arbeitsweise zu ermöglichen. Neustart heißt, einen offenen internen Reflexionsprozess stetig mitzudenken und sich der Kritik an bisherigen Antifa Camps konstruktiv zu stellen. Das Camp versteht sich als Teil der linksradikalen Bewegung und positioniert sich bewusst als strömungsübergreifend. Eine solidarische Debatte schließt für uns jedoch nicht aus, von vorn herein eine klare Position zu beziehen: Das Camp ist ebenso undogmatisch, wie es sich solidarisch mit emanzipatorischen Bewegungen erklärt und sich im gleichen Zug klar von autoritären und staatstragenden vermeintlich “linken” Konzepten abgrenzt. Zudem haben wir den Anspruch, jeglichen Diskriminierungsformen solidarisch entgegenzutreten. Uns ist dabei bewusst, dass wir nicht jede derzeitige innerlinke Debatte in ihrer Komplexität abbilden und einen differenzierten Standpunkt erfassen können, welcher gleichzeitg der Heterogenität unseres Camps gerecht werden kann. Dennoch werden wir Stellung beziehen, soweit dies uns möglich ist.

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