Vortrag: Kritik an deutscher und europäischer Gedenkpolitik (nach 1990)

Sonntag, 06.08. , (14)15 – (16)17 Uhr

“Die Stellung, die Nationalsozialismus und Shoah seit 1945 in
Deutschland, Europa oder gar darüber hinaus eingenommen haben, hat sich
immer wieder verändert. Abhängig von den einzelnen Nationalstaaten und
ihren jeweiligen Praxen gesellschaftlichen Erinnerns wurden der Shoah in
der Erinnerungslandschaft variierende Positionen zugewiesen. Im Jahr
2005 wurde der 27. Januar, der Tag der Befreiung des Konzentrations- und
Vernichtungslagers Auschwitz im Jahr 1945, von den Vereinten Nationen
zum Internationalen Holocaust-Gedenktag erklärt, doch in Deutschland ist
meist wenig darüber bekannt, wie dieser Tag in anderen Staaten begangen
wird. In diesem Jahr allerdings berichteten verschiedene Medien, wie
unangebracht die offizielle Verlautbarung des Weißen Hauses zu diesem
Anlass gewesen sei und Donald Trump wurde scharf für seine Äußerungen
kritisiert, die er anlässlich des Gedenktages hatte veröffentlichen
lassen. Er hatte die Shoah als einen Moment interpretiert, in dem das
Böse das Gute besiegt habe und dabei versäumt, die jüdischen Opfer zu
nennen. Eine Verallgemeinerung der Shoah, weg von konkreten
Geschehnissen, Akteur_innen und Opfern, wie sie Trump vorbrachte, ist
weitverbreitet und keineswegs ein Alleinstellungsmerkmal des neuen
US-Präsidenten. Diese Universalisierung – so die Grundthese des Vortrags
– fällt zusammen mit einer erhöhten Präsenz der nach Ende des Kalten
Krieges prominent gewordenen allgemeinen Menschenrechte. Diese können
heute als Leitmotiv einer seither etablierten globalen Ordnung gelten
und um sie politisch nutzbar zu machen wird regelmäßig auf die
Geschichte der Shoah als legitimierendes Argument zurückgegriffen.”

Vortrag von Katrin Antweiler

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